Warum häufig auch der Fokus auf den EINEN nächsten Schritt ausreicht

von Sebastian Brumm


Meist enden Workshops und Meetings mit einer langen ToDo-Liste oder einem Meilensteinplan und es geht in die Abarbeitung. Für planbare Projekte mit überschaubarer Zahl an externen Einflüssen ist dieser Ansatz geeignet. Doch: Wann haben wir es denn heutzutage noch mit überschaubaren Einflussfaktoren zu tun? Die Frequenz und Vehemenz, mit der neue Herausforderungen auf uns einprasseln, nehmen gefühlt jedes Jahr weiter zu. Beispiele reichen von Datenschutzvorgaben über Cyber-Angriffe bis zu Pandemie und Klimawandel.

Unter diesen Bedingungen erleben wir dann in vielen Fällen folgende Entwicklung:
Wir ringen uns mühsam in mehreren Besprechungen zu einer Entscheidung und müssen wenige Wochen später feststellen, dass wir genau betrachtet schon in die nächste Anpassung gehen müssten. Vielleicht gehen wir sie direkt an, manchmal entscheiden wir auch unbewusst, die Schwachstellen unserer Lösung eine Weile zu ertragen. Zu großen Teilen schon allein deshalb, weil uns dämmert, wie viel Zeit dafür drauf gehen wird, eine neue Lösung mit allen Mitspracheberechtigten zu beschließen.

Das wirft die Frage auf: Wie kommen wir mit weniger Ressourceneinsatz dennoch zu brauchbaren und robusten Entscheidungen die uns als Organisation weiterhelfen?

Mit neuer Haltung mutiger entscheiden und schneller ins Handeln kommen.

Entscheidungssituationen in Gruppen sind häufig von einem großen Sicherheitsbedürfnis aller Beteiligten bestimmt. Die implizite Anforderung an einen Beschluss lautet dann:

Finde eine Lösung, die alle bekannten (und möglichen) Risiken berücksichtigt und möglichst lange Bestand hat.

Aus dem oben beschriebenen Faktor der Beschleunigung, bleiben diese Wünsche nach langer Haltbarkeit allerdings eine Utopie. Wenn sich das eigene Umfeld schnell verändert, zwingt das auch uns, unsere Anpassungsfähigkeit zu erhöhen.

Schlüssel dazu ist ein Fokus auf das Hier und Jetzt, orientiert an der Frage: Was ist ein hilfreicher und unschädlicher nächster Schritt?

Statt also die volle Komplexität der Zukunft zu integrieren, nehmen wir eine Reduktion über den Betrachtungszeitraum vor. Gesucht sind kleine, zeitnahe Schritte, die zwei Bedingungen genügen:

  1. Die Maßnahme ist gut genug, um eine Wirkung zu entwickeln, die wir kurze Zeit später bereits einer Bewertung unterziehen können.
  2. Die Maßnahme ist sicher genug für einen Test. Sie gefährdet also die Organisation in Ihrem Kern nicht.

Ein Beispiel: Als Organisation möchten wir die Kommunikation mit unseren Kund:innen und Partner:innen noch besser aufstellen. Dabei soll uns eine Software unterstützen.

Folgen wir der herkömmlichen Methode sieht unser Vorgehen so aus:

  1. Wir nehmen eine umfangreiche Analyse unserer Bedarfe und Anforderungen an eine solche Software vor.
  2. Wir sondieren den Markt und testen mehrere Optionen
  3. Wir treffen eine Entscheidung anhand einer fundierten Bewertung der getesteten Optionen.

Nebeneffekte dieses Vorgehens: Wir binden in hohem Umfang Kapazitäten für die Entscheidungsfindung. Wir entscheiden auf Basis eines prognostizierten Nutzens. Bis wir den erwünschten Nutzen aus einer Lösung erreichen, vergehen Monate.

Wie sieht nun konkret die Alternative aus?

  1. Wir formulieren möglichst konkret, welchen Nutzen wir uns von der Veränderung versprechen.
  2. Wir suchen einen kleinen Anwendungsbereich, in dem wir ein erstes Experiment unternehmen.
  3. Wir führen das Experiment durch.
  4. Wir bewerten den Nutzen, welcher sich aus der Veränderung ergeben hat.

Nebeneffekte: Wir binden wenige Kapazitäten für die Entscheidungsfindung. Wir schaffen Erfahrungswerte aus einer tatsächlichen Anwendung. Wir orientieren unsere weiteren Schritte an einer realen Nutzenbewertung.

Zugegeben – die Schwäche dieses Modells kann zu Beginn darin liegen, dass möglicherweise viel Zeit vergeht, bis sich feste, strukturhafte Lösungen etablieren, welche gerade für große Organisationen ihre Berechtigung haben. Hier hilft eine bewusste Auswahl der Bereiche, in welchen dieses flexible und schnelle Vorgehen zum Einsatz kommt.

Ungeachtet dessen bleibt der große Mehrwert der regelmäßigen Bewertung, die in kurzen Intervallen vorgenommen wird. So werden vorgenommene Änderungen zeitnah auf ihren Nutzen für die Organisation geprüft. Aufgrund des geringeren Aufwands, der in die Entscheidungen geflossen ist, fällt es uns außerdem deutlich leichter, diese im Zweifel wieder zu verwerfen, wenn der erwünschte Nutzen ausbleibt.

Die schöne Botschaft zum Ende: Der Einstieg in das Experimentieren mit diesen kleinen, nächsten Schritten ist auch allein möglich. Statt: „Ich erstelle zunächst mal einen Projektplan, wie ich die Neukonzeption unserer Leistungen angehe“ ist auch möglich: „Ich rufe morgen erstmal die Kollegin aus der kürzlichen Weiterbildung an, die erwähnt hatte, dass sie gerade dieselbe Aufgabe auf dem Tisch hat.“

Unser Aufruf lautet also, ganz nach Faust:

Stürzen wir uns ins Rauschen der Zeit, ins Rollen der Begebenheit.“

Am Ende bleibt uns zum Glück eh nichts anderes übrig.

Begleiter für kooperative Organisationen

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