“Wie finden wir denn den/die passende:n Berater:in? Woran erkennen wir sie oder ihn?”
Wenn Ihr hier auf Changeius auf der Suche seid, habt Ihr diese Frage vermutlich das eine oder andere Mal gestellt. Natürlich gibt es zahlreiche Kriterien, nach denen Ihr eine oder einen Berater:in auswählen könnt. Nach vielen Jahren und zahlreichen Beratungen – mein Team und ich sprechen lieber von Begleitung, das ist allerdings ein Thema für einen anderen Impuls – habe ich eine Frage identifiziert, die in vielen Fragekatalogen und Kriterienlisten fehlt.
Das ist fatal, denn sie ist kurz, kommt unscheinbar daher und kann dennoch essenzielle Informationen über den oder die Berater:in liefern und Euch vor einer falschen Wahl bewahren. Diese eine Frage lautet:
Wir bekommen das mit Ihrer Hilfe doch einfach und schnell hin, oder?
Bequem oder wirksam – beides geht (fast) nie
Diese scheinbar unschuldige Frage ist bewusst so formuliert, dass sie im Gespräch leicht als rhetorisch verstanden werden kann. Wenn Ihr Sie im Vorgespräch stellt, lernt Ihr durch die Antwort auf die Frage gleich mehrere Dinge über Eure:n Gesprächspartner:in:
- Ist er oder sie so aufmerksam, die Frage überhaupt wahrzunehmen und bewusst auf sie zu reagieren?
- Nimmt er oder sie einfach zur Kenntnis oder kommt darauf eine Antwort?
- Wenn eine Antwort kommt, ist es eine simple Ja-Nein-Antwort, eine ausführliche Erklärung oder eine Nachfrage?
Wähle ich Berater:innen für Kund:innen aus, wünsche ich mir im besten Fall eine Nachfrage im Sinne von: “Was meinen Sie mit einfach und leicht?”. Der zweitbeste Fall ist eine Antwort in Richtung “das kann ich nicht garantieren, auf einige Hürden müssen wir uns einstellen”.
In Workshops und Vorträgen kommt bei diesem Thema oft die Entgegnung, dass ich der Frage und Antwort zu viel Bedeutung beimäße. Es sei kein Problem, so die Argumentation, eine Nebenbemerkung zu ignorieren oder die Kundschaft im Glauben zu lassen, dass es schnell und einfach gehen wird. Im Vorgespräch schon auf mögliche Hürden und Probleme hinzuweisen sei kontraproduktiv und würde den Auftrag gefährden. Manche Kund:innen könnten dadurch vergrault werden.
Das ist korrekt – und genau der Punkt.
Es geht bei dieser Frage darum herauszufinden, ob der oder die Berater:in mich als potenzielle:n Kund:in frühzeitig mit realistischen Einschätzungen abholt. Niemand sollte hier vom Worst Case Szenario ausgehen, fiktive Hürden konstruieren oder unnötige Panik machen.
Doch wenn ein Beratungsprojekt voraussichtlich länger dauern wird und im Vorgespräch bereits erste Hürden ersichtlich sind, sollte ein:e verantwortungsvolle:r Berater:in auch darauf hinweisen.
Gute Berater:innen sind (auch) unbequem
Eine gute und vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zwischen Berater:in und Kund:in kann nur entstehen, wenn beide Seiten ihre Erwartungen klar kommunizieren und positive wie negative Aspekte offen adressieren. Ein:e Berater:in, der oder die zu Beginn Luftschlösser baut und dann später aufkommende Hürden mit einem Lächeln und Zusatzrechnungen quittiert, hat – zumindest bei mir – das Vertrauen sehr schnell zerstört.
Das gilt jedoch auch für Berufspessimist:innen. Wer von Beginn an auf alle nur möglichen Hürden und Problem verweist – seien diese auch noch so unwahrscheinlich – um das Budget auf das Maximum aufzublähen, punktet damit nicht.
Damit die eingangs gestellte Frage wirklich zu einem hilfreichen Werkzeug im Auswahlprozess wird, ist auf Eurer Seite als Kund:in also eine Voraussetzung nötig: Selbstreflexion.
Ihr müsst nicht alle Risiken und möglichen Probleme kennen. Wäre das der Fall, bräuchtet ihr vermutlich keine:n Berater:in. Doch Ihr solltet ehrlich mit Euch sein, bekannte Hürden und Probleme – genauso wie Stärken und Ressourcen – klar und offen betrachten und kennen.
Habt Ihr ein klares Bild von der Situation, erkennt Ihr sofort, ob Euch jemand im Vorgespräch ein Luftschloss baut oder ehrlich mit Euch ist.
Und das geht doch wirklich einfach und schnell, oder?